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Aufhebungsvertrag​ für Arbeitnehmer: Risiken und Nachteile im Vergleich zu einer Kündigung

Ein Aufhebungsvertrag mag auf den ersten Blick verlockend erscheinen. Häufig bietet der Arbeitgeber eine Abfindung oder die Chance auf einen schnellen, konfliktfreien Ausstieg an. Doch bevor Arbeitnehmer den Vertrag unterschreiben, sollten sie sich über die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen im Klaren sein. Die Entscheidung kann weitreichende Auswirkungen haben, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Im Folgenden werden Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrags gegenübergestellt.


Aufhebungsvertrag oder Kündigung Arbeitnehmer


Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfristen beendet (§ 623 BGB). Anders als bei einer ordentlichen Kündigung, die einer Begründung bedarf, erfolgt der Aufhebungsvertrag einvernehmlich und häufig ohne ausdrückliche Nennung von Gründen.


Nachteile eines Aufhebungsvertrags

  1. Sperrzeit beim Arbeitslosengeld


    Eine der größten Herausforderungen beim Aufhebungsvertrag betrifft das Arbeitslosengeld I. Gemäß § 159 Abs. 1 SGB III kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen verhängen, wenn der Arbeitnehmer freiwillig an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat. Auch wenn eine Abfindung gezahlt wird, ändert dies nichts an der Sperrzeit. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in mehreren Urteilen festgelegt, dass die Sperrzeit grundsätzlich eintritt, wenn der Arbeitnehmer durch seine Unterschrift selbst die Arbeitslosigkeit herbeiführt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 11 AL 35/03 R).


  2. Verzicht auf Kündigungsschutz gemäß Kündigungsschutzgesetz (KSchG)


    Durch den Aufhebungsvertrag verzichten Arbeitnehmer auf den gesetzlichen Kündigungsschutz, der ansonsten durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gewährt wird. Dies betrifft etwa den Schutz gegen ungerechtfertigte oder betriebsbedingte Kündigungen. Nach der Rechtsprechung des BAG können Arbeitnehmer bei einem Aufhebungsvertrag keine Kündigungsschutzklage einreichen, da das Arbeitsverhältnis durch die eigene Zustimmung beendet wird (BAG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 AZR 838/12).


  3. Eingeschränkte Verhandlungsmacht und Zwangssituation


    Häufig stehen Arbeitnehmer bei Aufhebungsverträgen unter Druck und haben eine schwächere Verhandlungsposition. Arbeitgeber können den Aufhebungsvertrag nutzen, um Kündigungsschutzprozesse zu umgehen und auf diese Weise schnell und ohne hohe Kosten das Arbeitsverhältnis zu beenden. Das BAG hat allerdings in einigen Fällen entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag anfechtbar sein kann, wenn er unter Druck oder Androhung einer fristlosen Kündigung abgeschlossen wurde, da hier eine sogenannte "widerrechtliche Drohung" vorliegen könnte (§ 123 BGB; BAG, Urteil vom 27. November 2003 - 2 AZR 135/03).


  4. Verzicht auf Abfindungen und Sozialplanansprüche


    Arbeitnehmer haben bei einem Aufhebungsvertrag in der Regel keinen Anspruch auf gesetzliche Abfindungen, wie sie im Rahmen eines Sozialplans oder durch Kündigungsschutzklagen oft zugesprochen werden. Auch § 1a KSchG, der eine Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen regelt, greift hier nicht, da es sich um eine einvernehmliche Beendigung handelt. Der Arbeitnehmer kann jedoch eine freiwillige Abfindung aushandeln, die allerdings keinen Rechtsanspruch bietet und häufig niedriger ausfällt.


  5. Verlust betrieblicher Zusatzleistungen


    Durch einen Aufhebungsvertrag kann der Arbeitnehmer unter Umständen auf bestimmte betriebliche Vorteile verzichten, beispielsweise auf Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Rechtsprechung des BAG sieht vor, dass betriebliche Zusagen nur bei einer ordentlichen Kündigung bestehen bleiben und durch den Aufhebungsvertrag entfallen können (BAG, Urteil vom 20. August 2013 - 3 AZR 720/11).


Vorteile eines Aufhebungsvertrags

  1. Flexible Gestaltung der Vertragsbedingungen


    Anders als bei einer Kündigung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Aufhebungsvertrag individuell ausgehandelte Bedingungen festhalten. Dazu gehören zum Beispiel die Möglichkeit einer Freistellung oder Sonderzahlungen, die auf freiwilliger Basis erfolgen. Wichtig ist jedoch, die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen im Auge zu behalten.


  2. Schnellere und unkomplizierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses


    Mit einem Aufhebungsvertrag entfällt die übliche Kündigungsfrist, die nach § 622 BGB vorgeschrieben ist. Dadurch können Arbeitnehmer schneller neue Beschäftigungsmöglichkeiten wahrnehmen. Zudem kann ein Aufhebungsvertrag eine saubere Trennung ermöglichen, ohne die Spannungen und Konflikte, die häufig mit einer Kündigung einhergehen.


  3. Abfindung durch den Arbeitgeber


    Eine Abfindung ist nicht zwingend vorgeschrieben, kann jedoch freiwillig vom Arbeitgeber angeboten werden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem schnellen Abschluss bewegen möchte. Auch hier gelten jedoch steuerliche Regelungen, die beachtet werden müssen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden (§ 34 EStG).


  4. Vermeidung eines Kündigungsstreits


    Ein Aufhebungsvertrag verhindert die Risiken und den Aufwand einer Kündigungsschutzklage. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn eine Rückkehr zum alten Arbeitgeber ausgeschlossen ist und der Arbeitnehmer die Belastung eines Gerichtsverfahrens vermeiden möchte.


Fazit: Vorsicht und rechtliche Beratung sind unerlässlich

Ein Aufhebungsvertrag bietet vermeintliche Vorteile, doch gerade bei drohender Sperrzeit, dem Verlust des Kündigungsschutzes und möglichen weiteren Nachteilen ist Vorsicht geboten. Arbeitnehmer sollten sich immer über ihre Rechte und Pflichten bewusst sein und den Vertrag sorgfältig prüfen, bevor sie unterschreiben. Die Prüfung durch einen Anwalt ist in vielen Fällen ratsam, um negative finanzielle und rechtliche Folgen zu vermeiden.


Kanzlei HENKELFRAU: Beratung und Unterstützung bei Aufhebungsverträgen

Wer mit einem Aufhebungsvertrag konfrontiert ist, sollte die rechtliche Beratung nicht unterschätzen. Unsere Kanzlei HENKELFRAU steht Ihnen zur Seite und berät Sie umfassend in allen arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte zu wahren und den besten Weg für Ihre berufliche Zukunft zu finden. Sie erreichen uns telefonisch unter +49 155 6615 0207 oder per E-Mail an info@henkelfrau.com.



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