Die Anpassung der Miete ist in der Vermietungspraxis ein sensibles Thema. Neben den klassischen Verfahren – etwa über den Mietspiegel, Vergleichswohnungen oder Modernisierungsumlagen – gewinnt die einvernehmliche Mieterhöhung zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglicht es Vermietern, einen eventuell zu hohen Mietzins zu legitimieren, sofern beide Parteien zustimmen. Gleichzeitig bietet sie Vorteile, die weit über die standardisierten Verfahren hinausgehen. In diesem Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf das Widerrufsrecht, und zeigen auf, warum die einvernehmliche Mieterhöhung häufig der Königsweg ist.

1. Die Mieterhöhungsvereinbarung und ihre rechtliche Grundlage
Eine Mieterhöhungsvereinbarung ist grundsätzlich eine einvernehmliche Vertragsänderung zum bestehenden Mietvertrag. Sie basiert auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass Vermieter und Mieter grundsätzlich frei sind, über Änderungen der Mietkonditionen zu verhandeln und diese auch vertraglich festzulegen. Wird eine solche Vereinbarung geschlossen, wird der bisherige Mietzins ab dem vereinbarten Zeitpunkt entsprechend angepasst.
Wichtig: Bei der einvernehmlichen Mieterhöhung handelt es sich nicht um ein einseitiges behördlich geregeltes Verfahren. Vielmehr wird der neue Mietzins durch die freiwillige Zustimmung beider Parteien legitimiert – auch wenn er, auf den ersten Blick, über dem aktuellen Mietspiegel liegen sollte.
2. Das Widerrufsrecht und seine Voraussetzungen
Auch bei einvernehmlichen Vereinbarungen ist das Widerrufsrecht zu beachten. Wird ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen (etwa in der Wohnung der Mieterin) abgeschlossen, greift das gesetzliche Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB. Dieses gibt dem Verbraucher eine 14-tägige Frist, den Vertrag zu widerrufen. Dabei ist entscheidend:
Ordnungsgemäße Belehrung: Nach § 356 Abs. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Verbraucher vollständig über sein Widerrufsrecht informiert wurde und alle erforderlichen Unterlagen – also auch eine Kopie der Mieterhöhungsvereinbarung – in Textform zugegangen sind.
Praktische Fallstricke: Wird etwa die Vertragskopie erst nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist zugestellt, wie es in unserem Ausgangsbeispiel kritisiert wurde, beginnt die Frist erst mit dem tatsächlichen Zugang. Dies kann zu unerwarteten Rechtsfolgen führen und im Zweifelsfall den Widerruf ermöglichen.
Eine lückenhafte oder verspätete Widerrufsbelehrung kann somit gravierende Konsequenzen haben – auch wenn die Mieterin den Vertrag bereits vor Ort unterschrieben und das Widerrufsformular erhalten hat.
3. Vorteile der einvernehmlichen Mieterhöhung
a) Umgehung des Mietspiegels und vergleichender Bewertungsverfahren
In klassischen Mieterhöhungsverfahren müssen Vermieter häufig den Mietspiegel oder Vergleichswohnungen heranziehen, um die Erhöhung zu begründen. Dies kann insbesondere problematisch sein, wenn die aktuelle Miete bereits oberhalb der ortsüblichen Vergleichswerte liegt. Mit einer einvernehmlichen Mieterhöhung wird diesem Problem begegnet:
Der Vermieter kann seinen Wunsch nach einer höheren Miete darlegen und durch die freiwillige Zustimmung des Mieters legitimieren.
Das Verfahren umgeht komplexe Beweisführungen und Bewertungsvergleiche, da die Zustimmung des Mieters als Bestätigung der Akzeptanz der neuen Konditionen gilt.
b) Umgehung von Modernisierungsmaßnahmen
Häufig werden Mieterhöhungen auch durch Modernisierungsmaßnahmen begründet. Dies bringt jedoch nicht selten hohe Kosten für den Mieter mit sich und ist oft an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden (z. B. die Modernisierungsumlage nach § 559 BGB).Einvernehmliche Mieterhöhungen bieten hier Vorteile:
Es erfolgt keine formale Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen.
Beide Parteien einigen sich auf einen neuen Mietzins, der unabhängig von baulichen Veränderungen vereinbart wird.
c) Risiko des Mietwuchers – ein schmaler Grat
Trotz der offensichtlichen Vorteile muss Vermietern bewusst sein, dass die Grenze zum Mietwucher (vgl. § 138 BGB zur Sittenwidrigkeit) oft schmal ist.
Praxisbeispiel: Vermieten Sie eine Wohnung zu einem Mietzins, der deutlich über dem Mietspiegel liegt, und vereinbaren Sie in einem persönlichen Gespräch eine Mieterhöhung, so legitimiert die Einigung den höheren Preis.
Rechtliche Warnung: Sollte die Höhe des Mietzinses in keinem angemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung oder den örtlichen Gegebenheiten stehen, könnte dies als sittenwidrig beurteilt werden. Die freiwillige Zustimmung des Mieters entbindet den Vermieter nicht von der Beweislast, dass kein Missbrauch vorliegt.
4. Einvernehmliche Mieterhöhung – Der Königsweg?
Die einvernehmliche Mieterhöhung stellt einen attraktiven Weg dar, um in einem dynamischen Immobilienmarkt flexibel zu agieren. Sie erlaubt es Vermietern, auch dann eine höhere Miete durchzusetzen, wenn die klassische Begründung über den Mietspiegel oder Modernisierungen nicht in Frage kommt. Wesentliche Vorteile sind:
Rechtssicherheit durch Einvernehmen: Die Zustimmung beider Parteien führt zu einer klaren vertraglichen Regelung.
Verfahrensvereinfachung: Es entfällt der oft aufwendige Nachweisprozess, den der Vermieter bei einer einseitigen Mieterhöhung führen müsste.
Flexibilität: Vermieter können auch bei überhöhten Ausgangsmietzinsen eine Anpassung erreichen – sofern der Mieter freiwillig zustimmt.
Dennoch sollten Vermieter stets darauf achten, alle formellen Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf die Widerrufsbelehrung, einzuhalten. Ein Verstoß, wie das verspätete Übersenden der Vertragskopie, kann die Wirksamkeit der Vereinbarung gefährden und dem Mieter ein verlängertes Widerrufsrecht einräumen.
Fazit
Die einvernehmliche Mieterhöhung ist ein effektives Instrument, um Mietverhältnisse flexibel und bedarfsgerecht anzupassen. Sie ermöglicht es Vermietern, auch bei über dem Mietspiegel liegenden Mieten eine Anpassung zu erreichen – vorausgesetzt, die Vereinbarung wird transparent und fair gestaltet. Dabei ist es unerlässlich, alle gesetzlichen Informations- und Belehrungspflichten, insbesondere die Regelungen aus § 355 und § 356 BGB, strikt einzuhalten, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
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